Zur Erinnerung an Otto Nagel
Zum Gedenken an Otto Nagel brachten Mitglieder des Museumsvereins der Stadt Forst (Lausitz) am Vorabend des 130. Geburtstages des Malers und Schriftstellers zusätzliche Schilder an die beiden bereits im Stadtbild ersichtlichen Straßenschilder der Otto-Nagel-Straße an.
Die 1969 im Zusammenhang mit der Umbenennung der Lothringer Straße in Otto-Nagel-Straße angebrachten Emailleschilder verschwanden beim Abriss der dortigen Eckhäuser. Ein Schild rettete der Dachdecker Rösler und übergab dieses dem Stadtarchiv. Aus heutiger Sicht sind diese Schilder jedoch mit einigen inhaltlichen Mängeln behaftet gewesen.
Dem Anlaß entsprechend zeigte der Museumsverein vor Ort vier Kopien von Gemälden Otto Nagels mit Forster Motiven, die sich im Original im Fundus des Museums befinden.
Die Enkelin Otto Nagels, Salka-Valka Schallenberg, sandte dem Museumsverein anläßlich der Anbringung der Zusatzschilder ein Grußwort mit folgendem Wortlaut:
Liebe Mitglieder des Museumsvereins, Liebe Anwesende, die an den Künstler Otto Nagel denken,
in wenigen Tagen, am 27. September, ist der 130. Geburtstag von Otto Nagel. Ein leises Gedenken ist es. Als Enkelin freut es es mich um so mehr, wenn es Orte gibt an denen an den Künstler erinnert wird so wie hier in Forst in der Lausitz.
Diese Straße hat jetzt nicht nur den Namen „Otto Nagel“ — jeder weiß mit den zusätzlichen Schildern auch, wer hier in dieser Stadt lebte. So bleibt der Künstler nicht vergessen.
Vor über 80 Jahren mitten im Krieg verschlug es Otto Nagel mit seiner Frau Walentina von Berlin nach Forst. Hier begann im August 1943 auch ein neues Leben für die zwei. Kurz nach der Geburt der Tochter Sybille Charlotte im August schrieb die Künstlerin und Freundin Käthe Kollwitz: „Liebe Nagels — ich bin so glücklich über Eure Nachricht, wie ich es gar nicht sagen kann! Sie ist da, die kleine Lotte (wie sie ja wohl heißen wird) u. Wally geht es gut und ihr seid aus dem Hexenkessel fort! Nun, das Leben wird schon irgendwie weiter sorgen! Einer besseren Zukunft entgegen!“
1987 schreibt die Tochter in einem Artikel über den Vater für einen Ausstellungskatalog über diese Zeit: Geboren im August 1943 — in eine Zeit ohne Sonnenlicht, der Himmel erhellt durch die Flakabwehr des Tuchmacherstädchens Forst an der Oder-Neiße-Linie. Trotz allem gab dieser Ort der Familie Nagel Kraft zum weiter leben. Der Künstler entdeckt die Stadt für sich, malt in Öl und Pastell den alten Marktplatz in Forst im Winter 1943. Straßenzüge, den Mühlgraben und die Stadtkirche in den kommenden Monaten. Aber auch einige Portraits entstehen hier.
Immer wieder schreibt Käthe Kollwitz und lässt wissen: „Ihr habt in Eurer Sybille eine Zukunft, Gott sei Dank, dass Ihr das Kind habt. Seid alle Drei von ganzem Herzen gegrüßt.“
In diesen letzten Monaten des Krieges ist Forst die Heimat der Nagels. Im Februar 1945 flieht die Familie aus der brennenden Stadt mit einem Kinderwagen, in dem Nagel mit seiner kleinen Tochter war, geschoben von seiner Frau Walentina. Ein Zug Richtung Berlin ist die letzte Hoffnung.
Schließen möchte ich mein kurzes Grußwort mit zwei Zitaten von Hermann Hesse: „Heim kommt man nie. Aber wo befreundete Wege zusammenlaufen, da sieht die ganze Welt für eine Stunde wie Heimat aus.“ Und „Heimat ist nicht da oder dort. Heimat ist in dir drinnen, oder nirgends.“ So hatte die Familie Nagel, wenn auch nur für eine kurze Zeit, in Forst ein zu Hause gefunden.
Mit herzlichen Grüßen
Salka-Valka Schallenberg
Mehr zu Otto Nagel im Forster Jahrbuch 2017/18
- Der Maler Otto Nagel – Seine Forster Jahre und seine Forster Bilder
- Gemälde und Pastelle von Otto Nagel aus seiner Forster Zeit
Die zusätzliche Beschilderung erfolgte mit freundlicher Unterstützung der Stadt Forst (Lausitz).