Lausitzer Rundschau vom 30.06.2005
Verglichen mit den Anfängen ist es ein Palast: Seit zehn Jahren besteht das Ostdeutsche Textilmuseum Forst, in zwei Monaten soll dieses Jubiläum groß gefeiert werden. Angefangen hatte es im obersten Stockwerk des Jahn-Gymnasiums. Doch auch am «neuen Standort» gibt es keine räumlichen Entwicklungsmöglichkeiten mehr.
Die Seitengebäude des alten Fabrikkomplexes an der Ecke Sorauer Straße / Muskauer Straße sind voll mit Sammlerstücken. Alte Textilmaschinen und Reste der stolzen Forster Industrie. «Märkisches Birmingham, Deutsches Manchester» lautete der Titel der ersten Ausstellung im zweiten Geschoss des Fabrikbaus. Seit 1995 gab es im Erdgeschoss die Schauwerkstatt, wo die ersten Ausstellungen stattfanden. Ein Jahr später ging die Trägerschaft des Museums in Vereinshände über. Wieder ein Jahr später wurde mit dem Ausbau der ersten Etage begonnen – und erneut ein Jahr später mit den stadtgeschichtlichen Exponaten aus der Jahn-Schule ins neue Museum umgezogen. Fast ein Dutzend – meist über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen – Beschäftigte halfen damals beim Umzug.
Jetzt sind es noch neun Beschäftigte: Drei kommen über das Programm Arbeit statt Grundsicherung, der Rest ist fest beim Verein angestellt – einige in Teilzeitverhältnissen. Als vor einigen Jahren die Arbeitsbeschaffungsprogramme drastisch zurückgefahren wurden, hatten teilweise bis zu zehn Ehrenamtliche aus dem Verein die Öffnungszeiten am Wochenende abgesichert. Das Engagement der Vereinsmitglieder ist groß, hebt Vereins-Geschäftsführerin Angela Maaß hervor. Allein mit der städtischen Unterstützung – 132 000 Euro in diesem Jahr – wäre ein Museumsbetrieb wohl auch nicht zu gewährleisten.
Und so wird in zwei Monaten vor allem auch bürgerschaftliches Engagement gefeiert, das in Bezug auf das Museum auf räumliche Grenzen trifft. Der ursprünglich einmal ins Auge gefasste Ausbau des Nebengebäudes scheitert an der Nähe zur Bahnlinie. Man habe zwar Bestandsschutz für das Gebäude, dürfe aber das Gebäude weder innen noch außen ausbauen, erklärt Angela Maaß. Das habe auch ein Cottbuser Architekt, der dem Verein beigetreten ist, nach einer Prüfung bestätigt. Um das städtische Projekt einer Zusammenlegung von Textilmuseum, Stadtarchiv und Stadtbibliothek an einem Ort ist es ruhig geworden. So bleibt wenig übrig, als auf Sonderausstellungen zu setzen, die durch ihren Neuigkeitseffekt immer wieder Publikum ins Museum ziehen.
Das Jubiläum soll vor allem Familien anlocken.
Bewusst habe man auch auf Vereine aus Forst und Umgebung
zurückgegriffen. Ein historischer Handwerkermarkt soll in die
1920er-Jahre entführen. Der Schuhmacher, der Imker und der Stoffdrucker
kommen aus Forst, der Töpfer aus Jethe, Schmied und Korbmacher aus
Polen. Die historischen Waschtechniken werden Mitarbeiter des Museums
demonstrieren. Und dass die Modenschau auch von polnischen Darstellern
gezeigt wird, liegt an Bekanntschaften aus der «Flusslandschaften»
-Ausstellung. Damals hatten Frauen aus Polen Interesse an einer
weiteren Zusammenarbeit gezeigt. Ansonsten werden beispielsweise der
TSC «Smaragd» , die Akrobaten des PSV Forst, der Männergesangverein
Noßdorf sowie der 1. Forster Frauenchor das Programm unterstützen.
Am
27. August wird es anlässlich der «Museumsnacht» im Landkreis
Spree-Neiße (die RUNDSCHAU berichtete) voraussichtlich auch eine
Busverbindung zwischen dem Textilmuseum in Forst und dem Dorfmuseum
Sacro geben.
Bereits einen Tag zuvor findet ein Fach-Symposium zu
Strategien der Vermittlung in Textilmuseen statt. Dabei geht es um mehr
Zusammenarbeit zwischen den Textilmuseen, aber auch um
Kooperationsmöglichkeiten zwischen Städten und Museen.
von Jürgen Scholz